Atmung ist ein natürlicher Prozess, der meist unbewusst bzw. unbemerkt abläuft. Atmung dient der Aufnahme von Sauerstoff, das sozusagen der Brennstoff für den Stoffwechsel ist, und der Abgabe von Kohlenstoffdioxid, das das Abfallprodukt der „Verbrennung“ von Sauerstoff ist.
In körperlicher Ruhe oder bei geringen körperlichen Anstrengungen nehmen Gesunde das Atmen nicht oder kaum war - es sei denn, sie konzentrieren sich bewusst auf das Atmen, wie z.B. beim Meditieren. Wenn man sich stärker körperlich anstrengt, z.B. beim schnelleren Gehen, beim Bergangehen oder Treppensteigen, und der Bedarf an Sauerstoff und damit die Produktion von Kohlenstoffdioxid steigt, bemerken wir, dass wir vermehrt atmen müssen. Das ist normal. Abhängig vom Trainings- und Gesundheitszustand des Körpers kann dieses Gefühl bereits frühzeitig auftreten, z.B. beim Steigen weniger Treppenstufen, oder auch sehr spät, z.B. auf den letzten Kilometern beim Laufen eines Marathons.
Alter ist natürlich keine Krankheit, aber es ist normal, dass wegen des Nachlassens der Leistungsfähigkeit im höheren bzw. hohen Alter Anstrengungen zu Atemnot führen, die dies bei jüngeren Menschen nicht tun würden. Dass viele ältere und alte Menschen z.B. beim Treppensteigen Luftnot bekommen, ist also keineswegs abnorm. Bei älteren und alten Menschen kommen oft noch weitere Faktoren hinzu, die die körperliche Leistungsfähigkeit einschränken, insbesondere Mangel an körperlicher Aktivität und Übergewicht aber auch Erkrankungen von Herz, Lunge und anderen Organen.
Bei den meisten organischen Erkrankungen, die zu Atemnot führen, wird Luftnot in Ruhe oder beim Sprechen erst in fortgeschrittenen Stadien empfunden. Das bedeutet, das solche Erkrankungen zunächst zu Atemnot bei körperlichen Anstrengungen führen und erst im Verlauf zu Atemnot bei geringen Anstrengungen oder bereits in Ruhe. Eine Ausnahme ist z.B. Asthma bronchiale, bei dem typischerweise auch Beschwerden in Ruhe auftreten können, z.B. durch das Einatmen von Allergenen. Ein anderes Beispiel für eine Erkrankung, bei der Atemnot in Ruhe auftritt, ist ein Schlafapnoesyndrom (Luftnot aus dem Schlaf heraus, sehr kurz anhaltend).
Empfindet jemand vorwiegend Luftnot in Ruhe oder bei geringen Anstrengungen wie beim Sprechen, bekommt bei körperlichen Anstrengungen aber gut Luft, liegt dies oft nicht an einer organischen Erkrankung sondern an einer Störung des Atemmusters.
Bei dysfunktionaler Atmung handelt es sich um eine Störung des Atemmusters (Atemfrequenz, Atemtiefe, Rhythmus der Atmung), die infolge von Stresssituationen, nach akuten Erkrankungen der Atmung wie Lungenembolien oder Lungenentzündungen oder ohne erkennbaren Grund auftreten kann. Die betroffenen Personen haben das Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen, obwohl sie objektiv messbar genügend oder sogar zu viel Luft bekommen (Hyperventilation).
Dysfunktionale Atmung ist im Prinzip eine Ausschlussdiagnose. Das bedeutet, dass vor Stellung der Diagnose organische Ursachen für Luftnot wie z.B. Asthma bronchiale, COPD oder Herzerkrankungen ausgeschlossen sein sollten.
Der erste Schritt zur Behandlung der Dysfunktionalen Atmung ist das Verstehen der betroffenen Person, dass sie an keiner organischen Erkrankung leidet sondern an einer Störung der Atemregulation. Betroffene mit Dysfunktionaler Atmung leiden in der Regel unter Luftnot und haben daher oft Angst, an einer schweren oder gar lebensgefährlichen Erkrankung zu leiden. Die Erkenntnis, dass sie nicht an einer schweren oder lebensgefährlichen Erkrankung leiden, führt häufig bereits zu einer Linderung des Gefühls von Luftnot.
Der zweite Schritt zur Behandlung der Dysfunktionalen Atmung besteht in der Durchführung von Übungen zur Normalisierung des Atemmusters. Dies kann im Rahmen von Atemphysiotherapie, Rehabilitationsmaßnahmen, Yoga, Autogenem Training oder dergleichen geschehen. Der einfachste auch oft erfolgreiche Weg zur Normalisierung des Atemmusters ist die Durchführung folgender Übung:
1. Bequem auf den Rücken legen (kleines Kopfkissen, Knie etwas angezogen).
2. Eine Hand auf sanft das Brustbein legen, eine Hand sanft auf den Bauchnabel legen.
3. Durch die Nase ein- und ausatmen (sollte das wegen behinderten Nasenatmung nicht funktionieren: durch den Mund atmen oder abschwellendes Nasenspray nehmen – bitte beachten: abschwellendes Nasenspray sollte nicht länger als eine Woche genommen werden)
4. Nach jedem Ausatmen sollten sie eine kurze Atempause machen, bevor sie wieder einatmen.
5. Mit den Händen die Atmung spüren: Der Brustkorb sollte sich möglichst wenig bewegen, die Atmung sollte durch den Bauch erfolgen. Wenn der Brustkorb sich stärker hebt und senkt, bewusst etwas weniger mit dem Brustkorb atmen. Sie müssen nicht direkt auf komplette Bauchatmung umstellen, sich aber allmählich daran gewöhnen.
6. Wenn Sie während des bzw. nach dem Ausatmen „Lufthunger“ (Luftnot) verspüren, versuchen Sie, dieses Gefühl für ein paar Sekunden auszuhalten und erst dann weiterzuatmen. Sie werden feststellen, dass Sie dieszbezüglich relativ schnell Fortschritte machen werden.
Beachten Sie bitte, dass bei normaler Atmung die Ausatmung etwa doppelt so lange dauert wie die Einatmung. Normal sind ca. 15 bis 20 Atemzüge in der Minute.
Sie sollten zum Ziel haben, die Atemübung dreimal täglich für jeweils ca. fünf Minuten durchzuführen. Sollte Ihnen das zunächst nicht gelingen, ist das nicht schlimm. Versuchen Sie einfach, die Zeit allmählich zu verlängern, bis sie fünf Minuten erreichen.
Wenn die Atemübung im Liegen gut funktioniert oder falls Sie direkt Schwierigkeiten haben, sie im Liegen zu machen, können Sie sie auch im Sitzen durchführen.
Ein englischsprachiges Video mit einer Anleitung zur Durchführung der Atemübungen finden sie unter folgendem link: